Ein Hexenschuss tritt am häufigsten im unteren Bereich der Wirbelsäule auf. Der Schmerzort kann dabei stark variieren und von unterhalb der Rippen bis zum Kreuzbein reichen. Ebenfalls spricht man von einem Hexenschuss bei einschiessenden Schmerzen von der Wirbelsäule bis nach aussen in Richtung der Flanke auf Höhe der Lendenwirbelsäule.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Hexenschuss?
Bei einem Hexenschuss handelt es sich um einschiessende Schmerzen aufgrund von erhöhter faszialer Gewebespannung in der Lendenwirbelsäulen-Region. Muskeln und Faszien verspannen ruckartig und es kommt häufig zu einer Art Kettenreaktion, bei der sich die ganze Region mit Einbezug von Hilfsmuskeln verspannt. Oft verteilt sich die Spannung entlang der Faszienketten, sodass Gesässschmerzen, Schmerzen entlang der Beine oder Wirbelsäule entstehen können.
Ein Hexenschuss weist häufig keine weiteren Entzündungszeichen auf. Zur Selbst-Kontrolle: Die auszuschliessenden Entzündungszeichen sind Wärme, Rötung und Schwellung.
Durch die regionale Blockade kann es in starken Fällen ebenfalls zu Ausweichbewegungen kommen. Man meint, man steht gerade, beobachtet man sich jedoch im Spiegel, sieht man sich 10cm zur Seite verschoben oder muss vorneüber gebeugt gehen.
Häufig entsteht der Hexenschuss ruckartig bei einer kleinen Bewegung. Es ist dabei aber oft so, dass die Bewegung an sich nicht spektakulär oder speziell ist, was eigentlich zu erwarten wäre wie z.B. bei einem Verhebetrauma. Spricht man über den Hexenschuss, stellt sich oft heraus, dass die Menschen vorher schon ein Ziehen oder Verspannungen im unteren Rücken hatten. Der Hexenschuss ist dann mehr der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte.
Ausschluss neurologischer Symptome
Durch die starke Spannung können sich Wirbel verschieben, blockieren und so auf die Bandscheiben drücken. Das tun sie bei Verspannungen immer, wodurch das per se nichts aussergewöhnliches ist. Ist der Druck aber so stark, dass dem die Bandscheibe nicht mehr standhalten kann, kann es zu Bandscheibenvorwölbungen als Steigerung des Hexenschusses kommen. Wichtig: Muss es nicht, aber möglich!
Da der Bandscheibenvorfall aber ernsthafte neurologische Auswirkungen mit sich zieht, ist es wichtig diese auszuschliessen. Wenn die Bandscheibe auf den Nerv drückt äussert sich dies in:
- Kribbeln entlang dem Bein (kann auch nur muskulär sein, reicht daher als einziges Symptom nicht)
- Gefühlsstörungen im Bein, besonders häufig in den Füssen. Patienten berichten zudem oft von einem pelzigen Gefühl im betroffenen Gebiet
- Kraftverlust im Bein
- Mühe den Fuss beim gehen anzuheben
- Mühe auf den Zehen zu stehen
- starken vegetativen Auswirkungen (Kaltschweiss, Hitze des ganzen Körpers, nervliche Anspannung)
Einige Tests für die eigene Orientierung:
Können Sie sich im Stehen und sitzen mit gestreckten Beinen bücken, ohne dass die oben genannten Symptome auftreten? Dann ist die Chance sehr klein, dass die Bandscheibe auf den Nerv drückt.
Dasselbe gilt, wenn sie auf den Fersen einige Schritte machen können. Ebenfalls können sie dies mit ein paar Schritten auf den Vorfüssen testen.
Sollte einer der Tests positiv ausfallen, greifen Sie bitte sofort zum Telefon und rufen Ihren Arzt an.
Wann muss ich zum Arzt?
Neben den neurologischen Auswirkungen versteht es sich selbstverständlich wenn sie sich nur wegen der Schmerzen beim Arzt melden. Und deswegen Medikamente oder eine Krankschreibung brauchen.
Der Hexenschuss verbessert sich im Normalfall von selbst. Die Frage ist jedoch wie schnell und wie weit sich der Schmerzpegel erholt. Gegebenenfalls lohnen sich Medikamente. Als Faustregel dazu gilt: können sie Bewegungen nicht mehr machen und ausweichen, lohnt es sich Schmerzmittel einzunehmen. In meiner Vergangenheit wurde mir das jeweils so verschrieben: hochdosiert Schmerzmittel (Ibuprofen, Novalgin, etc) für 3d, wenn möglich danach absetzen.
Der Arzt wird Ihnen oft zusätzliche Physiotherapie verschreiben, um die Verspannungen zu lockern und in Heimübungen anzuleiten.
Vorgehen bei Hexenschuss
Um den entstandenen Verspannungen entgegenzuwirken, wird oft eine Mischung aus Medikamenten, aktiven und passiven Therapiemethoden angewandt. Die Medikamente dienen dabei nicht nur zur Schmerzbeseitigung, sondern schaffen ein schmerzfreies Zeitfenster, in der die Verspannungen gelindert und die Ursachen angegangen werden können. Diese Massnahmen unter Schmerzmitteln sind es, die den Hexenschuss schlussendlich beseitigen.
Medikamente
Bitte halten Sie sich an die vom Arzt empfohlenen Medikamente und Dosis. Wie schon erwähnt ist die Idee, dass man für wenige Tage hochkonzentriert Schmerzmittel einnimmt und sich ein schmerzfreies Fenster schafft. Danach werden die Medikamente wieder abgesetzt und die Therapiemassnahmen sollen ihre Wirkung entfalten.
In meiner Vergangenheit hiess das eine Medikation von 3x/d Irfen retard 500mg und 4x/d Novalgin 500mg für 3 Tage (bei 90kg Körpergewicht). Danach Irfen Retard bei Bedarf.
passive Therapie
Neben den Schmerzmitteln gibt es weitere Möglichkeiten, direkt den Schmerz zu mindern. Dabei versucht man mittels äusseren Applikationen den Muskel- und Faszientonus (Spannung) zu senken. Mit tieferem Tonus folgen weniger Schmerzsignale durch die Nerven.
Wärme
Wärme löst universell das Gewebe und steigert die Durchblutung. Diese Mehrdurchblutung senkt anschliessend den Tonus und das Schmerzempfinden. Sicherlich haben Sie eine Bettflasche zu Hause oder können in die warme Badewanne steigen.
Elektrotherapie
Falls vorhanden ist Elektrotherapie mit der Applikation von verschiedenen TENS-Programme eine weitere Möglichkeit zur Eigentherapie. Elektretherapiegeräte werden immer billiger, kleiner und sind inzwischen einfach mit dem Smartphone bedienbar. Einfach koppeln, die Elektroden um das Schmerzgebiet herum anbringen und die Intensität gewünscht erhöhen.
Der Vorteil an der Elektrotherapie ist, dass man dies sehr lange applizieren kann. Eine Patientin mit häufigen Rückenschmerzen bringt sich die Elektroden häufig vor der Arbeit an, lässt die Programme laufen und wendet sich so der Arbeit zu. Bei starken Schmerzen habe ich mir auch schon begleitend bis zu 8h/d verschiedene Programme laufen lassen, um eine konstante niederschwellige Behandlung zu haben.
Dehnübungen bei Hexenschuss
Wie häufig in der Therapie, funktionieren passive Methoden sehr gut in der Kombination mit aktiver Therapie. Die Idee ist, dass passive Methoden die Möglichkeit zur Bewegung liefern und bei einigermasser Schmerzfreiheit der Übergang zur Bewegung gemacht wird. Zuerst soll die Bewegung locker sein und wird anschliessend in der Intensität gesteigert.
Eine aktive Methode neben allgemeiner Bewegung sind Dehnungen. Sie haben den schönen Effekt, dass sie die Gewebespannung über Reflexe senken.
Für den Hexenschuss lohnt es sich leichte Rotationen und Rundungen zu machen. Mit sich verbesserndem Schmerz können sie dynamischer/wippend ausgeführt und in der Statik länger gehalten werden.
Päckli in Rückenlage:
Vorbeuge aus dem sitzen:
Variante mit Bein angewinkelt:
Rotation der Wirbelsäule durch absenken der Knie:
Ausdauertraining
Die Idee des Ausdauertrainings ist einfach: der höhere Puls und Gefäßerweiterungen während der Bewegung sorgen für eine verbesserte Durchblutung, was via das Mehr an Sauerstoff das Gewebe entspannt. Man könnte bei Ausdauertraining auch von starker allgemeiner Bewegung im Alltag sprechen – beides ist eine gute Idee.
Ausdauertraining ist vom Durchblutungseffekt die Steigerung des Spazierganges draussen. Bei Möglichkeit, würde es sich bei Hexenschuss anbieten z.B. auf einen Veloergometer zu steigen und den Puls durch leichtes Training ansteigen zu lassen und so ein leichtes Training von ca. 20-30min zu absolvieren. Stepper oder Ruderergometer eignen sich wegen der stärkeren Belastung auf den Rücken beim Hexenschuss weniger.
Kraftübungen
Zusätzlich zu den tonussenkenden Massnahmen kann man Synergisten (Muskeln, die dasselbe tun) stärken, damit die Rückenmuskulatur weniger arbeiten muss und somit entlastet wird. Bei Hexenschuss ist dies vor allem der Bauch. Die Anspannung und Muskelspannung der Bauchmuskulatur stabilisiert die Lendenwirbelsäule. Dies wird auch beim Gewichtheben beim sog. Valsalva-Manöver ausgenutzt.
Eine einfache Methode, welche auch unter starken Rückenschmerzen durchführbar ist, ist die Bauchspannung zu erhöhen.
Hier dargestellt mit Kettlebell auf dem Bauch zur besseren Sichtbarkeit.
Der Bauch soll so angespannt sein, dass er nach aussen-oben zeigt. Man könnte auch die Hände in die Seite drücken, zwischen Becken und Rippen. Bei der Anspannung werden die Hände wie die Kettlebell in Rückenlage nach aussen gedrückt.
Diese Anspannung kann in alle Alltagsbewegungen mitgenommen werden und sie so mit der Anspannung ausführen. So wird der Rücken entlastet.
Ich hoffe sie werden schnell schmerzfrei. Sollten Sie Hilfe oder Unterstützung benötigen, zögern Sie nicht online einen Termin zu buchen oder sich telefonisch zu melden.